Familienpolitik

Die auf der Ehe basierenden Rechte und Pflichten sind auf die „eingetragene Lebenspartnerschaft“ zu übernehmen. Dabei soll diese Form der Lebenspartnerschaft auf alle Lebensmodelle unabhängig des Geschlechts oder der Anzahl der Partner übertragen werden.

Die Piratenpartei setzt sich für die gleichwertige Anerkennung von Lebensmodellen ein, in denen Menschen füreinander Verantwortung übernehmen. Lebensgemeinschaften, in denen Kinder aufwachsen oder Menschen gepflegt werden, verdienen einen besonderen Schutz und Unterstützung durch den Staat und die Gesellschaft.
Wir bekennen uns zum Pluralismus des Zusammenlebens. Politik muss der Vielfalt der Lebensstile gerecht werden und eine wirklich freie Entscheidung für die individuell gewünschte Form des Zusammenlebens ermöglichen. Eine bloß historisch gewachsene strukturelle und finanzielle Bevorzugung ausgewählter Modelle lehnen wir ab. Die Betreuung von Kindern, Alten und Menschen mit Assistenzbedarf ist besonders zu fördern.

Die Piraten fordern, Verhütungsmittel für alle niedrigschwellig, anonym und möglichst kostengünstig zur Verfügung zu stellen. Dies umfasst auch Kurse zur natürlichen Familienplanung. Notfallverhütungsmittel müssen grundsätzlich kostenfrei und unbürokratisch zugänglich sein. Die Entscheidung, eine Schwangerschaft auszutragen oder nicht auszutragen, obliegt der Schwangeren. Wir setzen uns für eine Vereinfachung des Adoptionsrechtes ein und fordern grundsätzlich die Möglichkeit für alle Menschen, Kinder zu adoptieren.

Die Piratenpartei steht für eine Politik, die die freie Selbstbestimmung von geschlechtlicher und sexueller Identität bzw. Orientierung respektiert und fördert. Fremdbestimmte Zuordnungen zu einem Geschlecht oder zu Geschlechterrollen lehnen wir ab.
Die Piratenpartei lehnt auf lange Frist gesehen die Erfassung des Merkmals „Geschlecht“ durch staatliche Behörden ab. Übergangsweise kann die Erfassung seitens des Staates durch eine von den Individuen selbst vorgenommene Einordnung erfolgen. Der Zwang zum geschlechtseindeutigen Vornamen ist abzuschaffen. Geschlechtszuordnende Operationen an nichtzustimmungsfähigen Personen sind abzulehnen.

Das gemeinsame Sorgerecht soll für alle Eltern zum Regelfall werden, gleich ob verheiratet, ledig oder geschieden. Die Alleinsorge soll es nur in Ausnahmefällen geben. Der Staat hat darauf hinzuwirken, dass geschiedenen Eltern Hilfe geboten wird, um sich bei Streitigkeiten im Hinblick auf die gemeinsame Verantwortung gegenüber ihren Kindern zu einigen. Der Staat ist in der Pflicht, Mediation zwischen Eltern zu fördern und Entfremdung zu verhindern. Mit dem Sorgerecht geht auch die Sorgepflicht einher. Auch das Umgangsrecht muss stärker geschützt sein als bisher.

Im Saarland existiert ein Gesetz zum Schutz von Kindern vor Vernachlässigung, Missbrauch und Misshandlung. Dieses Gesetz legt den Eltern eine Quasi-Verpflichtung auf, ihre Kinder regelmäßig von einem Kinderarzt untersuchen zu lassen. Dazu werden von einer Einrichtung an dem UKS (Universitätsklinikum) alle Daten von Kindern von den saarländischen Meldeämtern abgefragt und in einer Datenbank zusammengeführt. Den Kinderärzten ist die Pflicht auferlegt, nach einer Vorsorgeuntersuchung (kurz U) die Daten des Kindes an das Zentrum der UKS über ein Webinterface zu übermitteln. Erscheint ein Kind nicht zu einer Vorsorgeuntersuchung werden zuerst die Eltern erinnert, ihr Kind bei einem Kinderarzt vorzustellen. Wird das Kind daraufhin nicht vorgestellt, werden die Daten an das zuständige Gesundheitsamt oder Jugendamt übermittelt, das dann teilweise mit „Hausbesuchen“ vorstellig wird.

Das an sich förderungswürdige Anliegen ist aus mehreren Gründen problematisch:

1. Mit diesem Gesetz wird eine zusätzliche Datenbank geschaffen, deren Daten bis zu 5 1/2 Jahr vorgehalten werden dürfen. Eine solche neue Datenbank sollte aber nur erstellt werden, wenn auch ein erheblicher Nutzen damit erzielt wird. Gegen einen solchen Nutzen sprechen die teilweise sehr langen Zeiträume zwischen den Vorsorgeuntersuchungen (bis zu mehrere Jahre), weshalb Gewalteinwirkungen nur zufällig aufgespürt werden können, wenn sie kurz vor der Vorsorgeuntersuchung stattfanden. Zudem legen Presseberichte eine mangelnde Effektivität des Gesetzes nahe. Über das saarländische Gesetz schreibt z.B. die Süddeutsche Zeitung: „In Saarbrücken wurde das Gesundheitsamt im Jahr 2009 insgesamt 2246-mal alarmiert. […] Dort erinnert sich einer der Chefs an einen einzigen Fall von Kindeswohlgefährdung, der vorher unbekannt war, schließt aber nicht aus, dass es noch einen zweiten Fall gegeben haben könnte. Zwei Fälle von 2246.“ (SDZ v. 09.07.2010, Seite 3)

2. Zusätzlich wird mit dieser Pflichtuntersuchung in die Erziehungsfreiheit des Kindes und der Eltern eingegriffen. So wird in Art. 6 Abs. 2 und 3 GG der Vorrang der Eltern, ihre Eigenständigkeit und Selbstverantwortlichkeit bei der Pflege und Erziehung der Kinder garantiert. Voraussetzung für eine Intervention des Staates ist eine auf elterlichem Fehlverhalten beruhende schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls. Deshalb ist der Staat nicht bei jeder Nachlässigkeit der Eltern aufgrund seines Wächteramtes zum Eingreifen befugt. Das Versäumen einer Vorsorgeuntersuchung – die keine gesetzliche Pflicht ist – kann aber nicht als eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindes noch als elterliches Fehlverhalten eingestuft werden, da es sehr viel mehr Gründe dafür geben kann als eine mögliche Verwahrlosung oder eine Misshandlung von Kindern.

3. Ein weiterer Malus des Gesetzes ist, dass ein verdachtloses Screening durchgeführt wird, welches das Bundesverfassungsgericht nur zulässt, wenn ein konkreter Verdacht gegeben ist (1 BvR 2074/05). Bezgl. der vergleichbaren Technik der automatisierten Erfassung von Kraftfahrzeugkennzeichen hat das BVerfG festgestellt, dass diese nicht anlasslos erfolgen oder flächendeckend durchgeführt werden darf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei im Übrigen nicht gewahrt, wenn die gesetzliche Ermächtigung die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kraftfahrzeugkennzeichen ermöglicht, ohne dass konkrete Gefahrenlagen oder allgemein gesteigerte Risiken von Rechtsgutgefährdungen oder -verletzungen einen Anlass zur Einrichtung der Kennzeichenerfassung geben.

Anhand dieser Voraussetzungen ist das saarländische Gesetz nicht verfassungsgemäß. Zum einen erfolgt die Erfassung aller Kinder und ihrer Vorsorge-Arztbesuche anlasslos und flächendeckend. Zum anderen besteht keine konkrete Gefahrenlage. Vielmehr wird ins Blaue hinein gefischt, mit einer statistisch gesicherten Wahrscheinlichkeit, dass doch konkrete Verdachtsfälle gefunden werden. Aus diesen Gründen fordert der LV Saarland der PP das Gesetz auf den Prüfstand zu stellen.

Wir wollen das Personenstandsgesetz reformieren, sodass jede Person das Recht hat, ihren Namen selbst zu wählen und behördlich zu ändern.